Laienbrüder im Oratorium

Laienbrüder und Priesterbrüder bilden das Oratorium.

Von Anfang an setzte sich das Oratorium aus Laien und Priestern zusammen. Es entstand aus den täglichen Gebetstreffen, das von vielen Laien und wenigen Priester bestimmt war. Also gibt es kein Oratorium ohne Laien. Aus dem oratorium saeculare bildete sich allmählich ein oratorium clericale heraus, das entgegen der Bezeichnung nie allein aus Priesterbrüdern, sondern auch aus Laienbrüdern bestand.

Der Laienbruder – besonderer Schatz des Oratoriums

Wir im Oratorium Ingolstadt sehen eine besondere Wichtigkeit von Laienberufungen für unsere Zeit. Laienbrüder bringen ein eigenes Charisma mit, aus dem heraus sie ihr je eigenes Apostolat entwickeln. Im organischen Wachstum ergibt es sich erst nach und nach, welche Schätze ein Laienbruder in die Gemeinschaft einbringen kann.

Worin liegt nun das Spezifische eines Laienbruders? Zuallererst ist er ein Oratorianer wie alle. Sein Leben ist um einen Ort des Gebets herum angelegt, der die Zentralität Christi in seinem Leben zum Ausdruck bringt. Mit dem Wort Gottes pflegt er familiären Umgang. Weil er geistliche Übungen in Gemeinschaft bevorzugt, leitet er auch eigene Gruppen, je nach Charisma z.B. einen Josephskreis, eine Rosenkranzgruppe oder regelmäßige Eucharistische Anbetungen. Auch Haustür- oder Straßenmission wären Beispiele eigener Apostolate.

Das Charisma des Laienbruders ist sehr individuell.

Die Charismen der Laienbrüder sind so verschiedenen wie die Männer selbst. Deshalb zeigt sich der persönliche Schwerpunkt des Charismas erst im Laufe der Zeit, ganz konkret im Apostolat. Damit ein Laienbruder aber auch die Ressourcen zur Verfügung hat, um alle Optionen des Apostolats auszuschöpfen, könnte es ratsam sein, – soweit möglich – die Vollzeitbeschäftigung im Zivilberuf auf eine Teilzeitbeschäftigung zu reduzieren (eine Regel, die auch für die Priesterbrüder gilt).

Andererseits darf die Berufstätigkeit nicht nur als ein Bereich verstanden werden, der einfach so nebenher läuft. Zur Entwicklung der Charismen des Laienbruders ist darauf zu achten, dass neben der geistlichen und persönlichen Weiterentwicklung auch die berufliche im Blick bleibt. Nur so können alle Gaben zum Blühen gebracht werden.

Nach innen hin gleicht er allen seinen priesterlichen Mitbrüdern, hat dieselben Rechte und dieselben Pflichten.

Nach außen bringt er andere Stärken ein, als es einem Priester kaum möglich wäre. Weil er einen Zivilberuf ausübt, begegnet er dort Menschen so, wie es ein Priester nie könnte. In seinem weltlichen Wirkungsfeld gibt er ein Zeugnis, dass Jesus Christus allein genügt. Von außen bringt er andere Perspektiven mit ins Haus und bereichert so die brüderliche Gemeinschaft auf besondere Weise. Er ist eine stärkere Klammer zur Welt und bringt neue Farben ins Oratorium.

Laienbrüder schaffen Balance. Denn in den Herausforderungen der Pastoral unserer Zeiten steigt die Gefahr, dass die Priesterbrüder viel unterwegs sind. Oft ist niemand zuhause. Laienbrüder können hier ein Gegengewicht bilden und das Bewusstsein wachhalten, dass das Oratorium der erste Ort unseres Lebens sein muss. Durch ihre Zentripetalkräfte können die Laienbrüder immer wieder die Zentrifugalkräften der Priester ausgleichen.

Besondere Wertschätzung der Laienbrüder

Dennoch muss berücksichtigt werden, dass in der Außenwirkung die Priesterbrüder oftmals eine größere Wertschätzung erfahren als die Laienbrüder. Nach unserem Verständnis sind sie aber gerade nicht als stille, verborgene Arbeiter im Hintergrund zu sehen. Selbst wenn es in der Kirchengeschichte immer wieder praktisch so gehandhabt wurde, sind Laienbrüder keine Mitbrüder zweiter Klasse, kein Weniger zu einem Priester. Ansonsten würde man der langen Reihe von Heiligen Unrecht tun, die keine Priester waren, z.B. der Hl. Franziskus, der Hl. Benedikt und viele Wüstenväter. Wir sollten uns immer daran erinnern, dass auch der Hl. Philipp und der Hl. Ignatius zunächst selbst keine Priester werden wollten.

Vor diesem Hintergrund sind alle Mitbrüder beständig aufgefordert, eventuelle Unterschiede in der Wertschätzung auszugleichen. Es scheint uns ratsam, für die Laienbrüder besondere Strukturen einzurichten, wie zusätzliche Brüderkapitel, geistliche Austauschrunden oder Eckpunkte für eine regelmäßige Erneuerung und Vertiefung der eigenen Berufung.

Fazit

Laienbrüder sind eine unentbehrliche Vervollständigung der brüderlichen Gemeinschaft. Deshalb erscheint uns ein Oratorium ohne Laienbrüder wie eine Gemeinschaft, die sich selbst vieler Möglichkeiten beraubt.